Vielleicht hast du in den sozialen Medien oder einer Messe gesehen, wie Reiter mit einer Garrocha versuchen im vollen Galopp einen Ring aufzuspießen und diesen anschließend mit der Garrocha gemeinsam zielsicher in einer Tonne abzuladen und bist nun wahnsinnig interessiert. Im heutigen Artikel erzähle ich euch etwas mehr darüber.
Die Working Equitation wird weniger als Reitsportart – eher als Reitsportdisziplin betrachtet. Dies hat ganz vielfältige Gründe. Die Working Equitation ist im Grunde eine Fusion der damaligen europäischen Arbeitsreitweisen, die allerdings mehr Einflüsse der klassischen Dressur beinhaltet als man auf den ersten Blick denken mag.
- Baumgartner, Stefan (Autor)
Was ist Working Equitation?
Working Equitation ist eine Reitsportdisziplin, die auf die unterschiedlichen europäischen Arbeitsreitweisen zurückzuführen ist. Heutzutage setzt sich Working Equitation aus vier Komponenten zusammen, die alle auf Basis der klassischen Dressur – in Anlehnung – geritten werden:
- Dressurprüfung
- Stil-Trail
- Speed-Trail
- Rindertreiben
Die Working Equitation verbindet die dressurmäßige Arbeit, die zur Gesunderhaltung und Gymnastizierung von Pferden unerlässlich, ist mit einer konkreten Aufgabe für Pferd und Reiter. Im Trail werden beide immer wieder vor neue Herausforderungen mit verschiedensten Hindernissen gestellt. Diese Aufgaben erfordern nicht nur Mut und Selbstvertrauen des Pferdes, sondern auch die Geschicklichkeit und die eigenständige Mitarbeit des Pferdes.
Nebenbei wird das Vertrauen zwischen Reiter und Pferd gestärkt und beide lernen ihren Partner in außergewöhnlichen Situationen besser einzuschätzen.
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Wo liegt der Ursprung der Working Equitation?
Der Ursprung der Working Equitation liegt in den historischen Arbeitsreitweisen, welche in Portugal, Spanien und Italien zum Treiben der Rinder konzipiert wurde. Die Gelände waren damals unübersichtlich und uneben. Die Reiter mussten sich vollends auf ihren Partner Pferd verlassen.
Durch gezielte gymnastizierende Dressurarbeit konnten die Pferde optimal auf ihre Arbeit an den Rinderherden ausgebildet werden.
Doch mit der Modernisierung und der Technologisierung der Welt, wurden die Reiter immer mehr ersetzt und die Reitweise geriet immer mehr in Vergessenheit – sie wurde nur noch von Liebhabern praktiziert. Um Wissen und Tradition zu bewahren, entstand dann vor einigen Jahren die Idee, die Working Equitation im Turniersport aufzunehmen.
Kann man mit jedem Pferd Working Equitation machen?
Ja, grundsätzlich kann jedes Pferd im Bereich der Working Equitation verwendet werden. Auch auf Turnieren spielt die Rasse keine große Rolle, da beispielsweise das Gangwerk kein tragendes Bewertungskriterium ist, wie in der klassischen Dressur.
In der Working Equitation geht es vor allem um eines: Die Harmonie zwischen Reiter und Pferd und die Freude, die beide beim Erledigen der Aufgaben empfinden. Natürlich sollte eine gewisse Grundausbildung bereits geschehen sein und das Pferd auch eine arbeitswillige Einstellung mitbringen. Bei den Rassen gibt es allerdings keinerlei Beschränkungen und man muss sich keine Sorgen machen, mit einem Gangschwachen Pferd oder gar einem 4- oder 5-Gänger schlechter bewertet zu werden als die Konkurrenten mit dem klassischen Warmblut.
Lese-Tipp: Was ist Equikinetic und wie setze ich es beim Pferd ein?
Welche Pferde eignen sich besonders gut für Working Equitation
Es gibt durchaus Rassen, die besonders gut für die Working Equitation geeignet sind. Dazu zählen zweifelsohne die Iberischen Pferde mit dem Ursprung in Spanien und Portugal. Wie wir wissen fing mit diesen Pferden alles an.
Die Pferde der Iberischen Halbinsel bringen eine besondere Sensibilität mit. Sie sind arbeitswillig, mutig, selbstbewusst und in einer besonderen Art anmutig in ihren Bewegungen und Ihrem Auftreten. Mit diesen Rassen, wie Lusitano, P.R.E/Andalusier etc. ist die Reitweise der Working Equitation entstanden. Durch die hoch angesetzten Hälse fällt es diesen Rassen besonders leicht unter ihren Schwerpunkt zu treten und eine schöne Anlehnung zu finden. Sie lernen schnell und sind stets verlässliche Partner für ihren Reiter, wenn dieser sich Zeit genommen hat, sein Pferd für sich zu gewinnen.
Gibt es Working Equitation Turniere?
Die Working Equitation ist eine noch relativ junge Turnier-Sportart, aber mittlerweile gibt es auch hier einige Turniere.
Ähnlich dem klassischen Dressursport werden die Working Turiniere in fünf Leistungsklassen eingeteilt:
- E = Einfach/ A = Anfänger:
Die Klassen sind für Anfänger in der Working Equitation gut geeignet. Es werden leichte „Lektionen“ wie der saubere Übergang zwischen den Grundgangarten abgefragt. Die Aufgabe wird in allen drei Grundgangarten geritten.
- L = Leicht:
In dieser Klasse werden deutlich mehr Lektionen abgefragt. Dazu zählen unter anderem das Rückwärtsrichten, Außengalopp, einfache Galoppwechsel, die Aufgabe wird in allen drei Grundgangarten geritten.
Lese-Tipp: Welche Pferdegangarten gibt es? (Die Gangarten im Detail erklärt)
- M = Mittel:
In der Klasse werden die Lektionen der vorangegangenen Klassen abgefragt und zusätzlich noch verschiedene Seitengänge und fliegende Galoppwechsel, die Aufgabe wird nur im Schritt und Galopp geritten.
- S = Schwer:
Die Klasse S wird auch gern „Masterklasse“ genannt. Hier werden Grand Prix Lektionen wie Pirouetten und Galopptraversalen abgefragt. Die Aufgabe wird nur im Schritt und Galopp geritten.
Wichtig zu wissen ist, dass in der Klasse S das Pferd einhändig auf Kandare mit Unterlegtrense geritten wird. Das erfordert natürlich eine besonders feine Einwirkung mit der Hand, sodass alle reiterlichen Hilfen beinahe ausschließlich über den Sitz und den Schenkel gegeben werden müssen.
In der Klasse E kann sowohl auf normaler Wassertrense geritten werden als auch mit einer gebisslosen Zäumung.
In den Klassen A bis M kann der Reiter frei wählen, ob er sein Pferd in den Prüfungen mit einer normalen Trense oder einer Kandarre mit Unterlegtrense vorstellen will.
- Oliva Ramos, Manolo (Autor)
Was unterscheidet Working Equitation von der klassischen Dressur?
Letzten Endes unterscheidet die Working Equitation absolut gar nichts von der Dressur. Die Dressur ist genauer gesagt ein Teil der Working Equitation. Diese Reitdisziplin beinhaltet schlicht und ergreifend mehr als die reine Dressur
In der Working Equitation spielt die Dressur eine tragende Rolle. Auch werden die geforderten Lektionen in Anlehnung und teilweise auf Kandare geritten, wie es in den höheren Klassen in der klassischen Dressur der Fall ist. Die Unterschiede liegen natürlich auf der Hand. In der Working Equitation wird in den höheren Klassen einhändig geritten und die Lektionen der Dressur werden in einen Parcours integriert, der abgeritten und bewältigt werden muss. Man könnte also sagen, dass die Working Equitation etwas höhere Anforderungen mit sich bringt, besonders dann, wenn die Arbeit an den Rindern noch hinzukommt.
Dieses Buch beschäftigt sich noch etwas genauer mit der Frage:
- Danner, Nicola (Autor)
Fazit und eigene Meinung
Die Working Equitation ist eine vielfältige, noch recht junge Turnier-Disziplin, die definitiv noch mehr Aufmerksamkeit vertragen könnte. Sie verbindet Spaß und Arbeit, sowohl beim Pferd als auch beim Reiter, was Arbeitsbereitschaft auf beiden Seiten stärkt.
Eine Sache, die sehr auffällig ist, ist das in den mittleren Klassen der Working Equitation der Reiter selbst wählen kann, ob er sein Pferd auf Trense oder Kandare vorstellt. So kann sich das Pferd über einen längeren Zeitraum an die Kandare gewöhnen und der Reiter frei wählen, wie sein Pferd am besten läuft. Dies ist eine Praktik, die sehr modern ist und die sich die klassische Dressur zum Vorbild nehmen könnte und vielleicht auch sollte, da oft Pferde mit dem plötzlichen Wechsel von der Trense zur Kandare vollkommen überfordert sind und sich dann auf den Turnieren weit unter ihren Möglichkeiten präsentieren.
Da ich mir selbst vor kurzem ein Iberisches Pferd – einen Lusitano – gekauft habe, ist mein Interesse an der mir vorher doch eher unbekannten Reitweise enorm gewachsen. Es ist allerdings deutlich schwerer in diesem Bereich an einen kompetenten Trainer heranzukommen, als es beim klassischen Dressurreiten oder im Springsport der Fall ist. Trotzdem habe ich mir vorgenommen, diese vielfältige Reitweise selbst auszuprobieren. Denn mehr als etwas dazulernen kann ich sicher nicht.
Ich hoffe, dass ihr aus diesem Beitrag etwas mitnehmen konntet und vielleicht sogar Interesse an dieser jungen Reitweise bekommen habt. Schreib mir gern einen Kommentar, wenn du Anregungen oder Fragen haben solltest. 🙂
Lieben Gruß,
Annika